RICHTIG ODER GAR NICHT
Comedian, Moderator, Entertainer, Buchautor, Fußballfan, Mann für alle Fälle | Guido Cantz
Zuverlässigkeit, Umgänglichkeit und Geselligkeit sind Eigenschaften, die oft in den Deutschen gesehen werden. In Sachen Humor hingegen haben andere Nationen die Nase vorn. Als die Internetplattform Badoo vor einigen Jahren eine Umfrage zur Humorfähigkeit startete, landete Deutschland unter 15 Nationen auf dem letzten Platz. Andere Menschen zum Lachen zu bringen, traut man uns offenbar nicht zu.
Dabei verfügen wir über ausgesprochen humorvolle Menschen“, sagt der Comedian und Moderator Guido Cantz. Wohl ohne zu wissen, dass er selbst einmal ein Comedian werden würde, verehrte er damals als kleiner Panz Otto Waalkes („trap-trap, der Trapper, tripp-tripp, der Indianer“), Dieter Hallervorden („ich hätte gerne ’ne Flasche Pommes Frites“) und Loriot („das Quietscheentchen bleibt draußen“). Dass Deutsche durchaus witzig sein können, beweist er zudem höchstselbst immer wieder aufs Neue. Dazu ist Cantz einer der fleißigsten und erfolgreichsten Entertainer Deutschlands – seit über 30 Jahren begeistert er seine Zuschauer auf Comedy-Bühnen, im Karneval und mit seinen zahlreichen TV-Shows.
„Lustige Dinge, nie beleidigend und immer mit einem Lachen im Gesicht – so hat man Guido Cantz vor Augen“, so schwärmt Kölns Grandseigneur Ludwig Sebus über den 52-Jährigen, den nicht nur ganz Deutschland aufgrund der Kultshow „Verstehen Sie Spaß?“ kennt, die er zwölf Jahre lang moderierte.
Karneval als Sprungbrett
Sein Sprungbrett in die Öffentlichkeit bildete vor über 30 Jahren der … Karneval. Cantz’ früherer Fastelovends-Mentor Peter „Dä Mann met däm Hötche“ Raddatz erinnerte jüngst an die Anfangsschritte des „Mannes für alle Fälle“ im kölschen Fasteleer: „Vor 32 Jahren habe ich diesen jungen Mann bei einer privaten Veranstaltung gesehen und die Leute lachten so herrlich über seine Witze. Da wusste ich: Aus dem wird was!“ Raddatz nahm den damals noch fussigen – also rothaarigen – Newcomer unter seine Fittiche und führte ihn in die Geheimnisse des kölschen Fasteleers ein.
Unter anderem mit Parodien damaliger Prominenter wie Showmaster Rudi Carrell oder Politiker Willy Brandt startete Cantz in seiner ersten Session von 0 auf 85 Auftritte durch. „Dabei habe ich sehr viel gelernt. Doch im zweiten Jahr gab es beim Vorstellabend des Stammtischs Kölner Karnevalisten einen Einbruch – weil ich keine neue Rede hatte, sondern meine alten Parodien zum Besten gab. Seitdem weiß ich, dass man als Karnevalist schon früh im Sommer an die Arbeit zu gehen hat: Neue zündende Gags finden, sammeln, bei kleinen Auftritten ausprobieren und in eine Rede für die Karnevalssession gießen – das ist eine Drucksituation, die einigen nicht leicht fällt“, erinnert er sich. Als „Mann für alle Fälle“ begann er in den 1990er-Jahren, die Karnevalsbühnen zu erobern.
Parallel dazu machte Guido Cantz 1996 seinen Abschluss am Joseph-DuMont-Berufskolleg als staatlich geprüfter kaufmännischer Medienassistent, entschied sich aber für die professionelle Bühnenkarriere mit ihrem mitunter steinigen Weg und all ihren Höhen und Tiefen. Und dann meldete sich … das Fernsehen. „RTL fragte mich, ob ich Comedy könne – und ich habe zurückgefragt, was das ist“, lacht Cantz. Die Antwort: „Auf der Bühne stehen und Leute zum Lachen bringen.“ Also etwas, das der aufstrebende Humorist sowieso schon kannte.
So folgten Gastauftritte in Comedy- und Satire-Shows wie dem „Quatsch Comedy Club“, „TV Total“ oder „Genial daneben“. Der mittlerweile „erblondete“ Karnevalist startete erneut durch. Er moderierte „Karnevalissimo“ für das ZDF, „Kenn ich“ und „Die Edgar-Wallace-Show“ für Kabel 1, „Deal or No Deal“ für SAT 1 und „Wie geil ist das denn?“ für den WDR. Zudem war er bisweilen als „Lockvogel“ für die berühmte Samstagabend-Show „Verstehen Sie Spaß?“ im Einsatz. Als Frank Elstner seinen Rücktritt verkündete, fand „das Erste“ einen Nachfolger in den eigenen Reihen – eben jenen Guido Cantz.
„Eine der großen Samstagabend-Shows live vor 1200 Gästen in der Veranstaltungshalle und Millionen Zuschauern vor den Bildschirmen zu moderieren – da ist ein Jugendtraum wahr geworden“, so Cantz. Nach der Staffelstabübergabe moderierte er die beliebte Show erstmals am 10. April 2010 in Halle an der Saale – und erntete verheerende Kritiken, wie er es heute selbst bewertet: „Ich wurde in die Karnevalsschublade gesteckt. Aber das habe ich sportlich genommen und mich der Herausforderung gestellt zu zeigen, was in mir steckt.“ Und das war (und ist) eine ganze Menge, wie er eindrucksvoll bewies und seine Kritiker verstummen ließ.
Dem Fastelovend stets treu geblieben
Dem Karneval blieb Guido Cantz stets treu. „Im Januar und Februar liefen die Sessions-Auftritte auf den Kölner Fastelovendsbühnen – nach Aschermittwoch wurde für ,Verstehen Sie Spaß‘ gedreht“, berichtet der „Mann für alle Fälle“, der zum bundesweit bekannten Gesicht avanciert ist. Zwölf Jahre lang – bis Ende 2021 – präsentierte er die große Verstehen-Sie-Spaß-Show. „Dann hatte ich das Gefühl, es sei an der Zeit aufzuhören.“
Ruhiger geworden ist es um den Moderator, Comedian, Kommentator und Buchautor keineswegs. So moderierte er die von RTL neu aufgelegte Freitagabend-Show „7 Tage, 7 Köpfe“ sowie weitere RTL-Shows. Zudem veröffentlichte er jüngst ein Kochbuch „Restaurant Cantzini“ mit seinen 50 Lieblingsrezepten samt einer gehörigen Portion Humor, und derzeit tourt er mit seinem neuen Soloprogramm „Das volle Programm“ durch die Republik. Darüber hinaus spielt (und singt) er in der Wiederauflage des Köln-Musicals „Himmel und Kölle“ in der Volksbühne am Rudolfplatz.
Eigentlich versuche ich immer, mehrere verschiedene Dinge zu machen – eine gewisse Art der Vielseitigkeit liegt mir“, meint Guido Cantz. Was er gerne noch machen würde? „Eine Show mit einer Big Band oder eine große Sportsendung moderieren“, schießt es aus ihm heraus. Sport ist grundsätzlich eines seiner Hobbys. Er spielt Fußball und ist glühender Fan – aber nicht des 1. FC Köln, sondern … des VFB Stuttgart. „Meine Lieblingsspieler waren Hansi Müller, die Förster-Brüder, Guido Buchwald, aber auch FC-Köln-Legende Lukas Podolski. Und das Schönste ist: Mit allen habe ich bei Benefizspielen gemeinsam auf dem Platz gestanden. Das ist der Vorteil, wenn man zur Promi-Riege gehören darf“, sagt er mit einem Lachen.
Kreativität ist eines der Erfolgsgeheimnisse von Guido Cantz. Inspiration für neue Witze, Sprüche und Sketche findet er überall. „Sachen aus dem Alltag, die adaptiert und überspitzt dargestellt werden können, bilden ein Füllhorn an Ideen“, sagt der Comedian. Seinen Notizblock hat er immer dabei – um alltägliche lustige Dinge zu notieren und später auszuarbeiten. „Texte lerne ich am besten mit Bewegung. Deswegen gehe ich gerne Wandern oder fahre Rad, weil ich mich dann gut darauf konzentrieren kann.“ Restlos überzeugend findet er den Spruch: „Pünktlich ist’s, wenn’s Datum stimmt.“
Schwierige Zeiten für Humortreibende
Doch weiß Guido Cantz, der seit 2015 den Kölner Rosenmontagszug kommentiert, ebenso: „Die Zeiten für Humortreibende werden immer schwerer. Man muss sich ja die ganze Zeit die Frage stellen, was man überhaupt noch sagen darf, ohne dass sich jemand beleidigt fühlt. Am besten entschuldigt man sich schon auf der Bühne vorab, wenn sich jemand innerhalb der kommenden 30 Jahre auf den Schlips getreten fühlen sollte. Es macht echt Arbeit, jeden Witz auf seine Existenzberechtigung und seine Political Correctness checken zu müssen.“
Ebenso sieht er den (Kölner) Karneval an einem Wendepunkt: „In den nächsten Jahren werden sich die Veranstaltungen weiter wandeln. Sitzungsabläufe ändern sich, Programmpunkte werden reduziert, die Gesamtdauer von über sechs Stunden auf vier bis fünf Stunden verkürzt. Das bedeutet, dass künftig acht bis zehn Darbietungen bei Sitzungen dazu führen, dass maximal zwei Redner Platz im Programm haben. Karnevalsgesellschaften sollten auf das passende Zusammenspiel der Programmnummern achten. Dramaturgie vor Name ist angesagt.“
Gehen Auftritte auch mal schief oder sehen völlig anders aus, als es gedacht war? Ja, durchaus. Bei der jüngsten Miljöhsitzung der KG Kölsche Grielächer im Kölner Maritim-Hotel unterbrach Präsident Rudi Schetzke urplötzlich Cantz’ Bühnenvortrag. Und noch mehr: „Deinen Vortrag breche ich an dieser Stelle ab“, meinte er zum sichtlich verdutzten Redner, der sich keiner Schuld bewusst war. Doch die Erklärung folgte auf dem Fuße und war keineswegs negativ: Denn die Gesellschaft hatte vor, Guido Cantz als „Grielächer des Jahres“ zu ehren – samt Urkunde und einer Grielächer-Figur. Diese Auszeichnung sei lange überfällig gewesen, so Präsident Schetzke.
Und welchen Teil in einem Kölner Dreigestirn würde Guido Cantz am liebsten verkörpern? „Schwer zu sagen. Entweder den Prinzen, weil ich dann reden darf. Oder die Jungfrau, weil ich mich mit gefärbten Haaren auskenne“, ulkt Cantz. Blonde Männer seien ja sowieso „en vogue“ – das sei nicht zuletzt im neuen Kinofilm „Barbie“ deutlich geworden. „Nur schade, dass nicht ich in Hollywood die Hauptrolle neben Margot Robbie bekommen habe, sondern Ryan Gosling“, scherzt Cantz. Als wichtige Weggefährten über die Jahre hinweg nennt er Karnevalist Bernd Stelter, die Bläck Fööss, Moderator Hugo Egon Balder, Comedian Mirja Boes und die Schauspielerinnen Elena Uhlig sowie Janine Kunze.
Authentisch sein und glaubhaft bleiben – das war (und ist) für Guido Cantz stets wichtig. „Bis auf die blonden Haare, aber die haben sich ja zum Markenzeichen entwickelt“, fügt er lächelnd an. Sein 25-jähriges Bühnenjubiläum 2017 hatte er seinerzeit sogar mit „Blondiläum“ betitelt. Und er geht alles nach seinem Lebensmotto an: Richtig oder gar nicht
MUSICAL „Himmel und Kölle“ - Sächsischer Taxifahrer in Kölle
Das Köln-Musical „Himmel und Kölle“ ist wieder in der Volksbühne am Rudolfplatz in Köln zu sehen. Die Besucher dürfen sich auf etliche Überraschungen freuen – unter anderem auf Guido Cantz in der ersten Musical-Rolle seines Lebens. Cantz schlüpft in die gefeierte Rolle des sächselnden Taxifahrers, der mit humoristischen Schimpftiraden auf den Kölner Straßenverkehr das Publikum begeistert. Die Story des beliebten Dauerbrenner-Musicals, das seit der Premiere im Herbst 2020 alle Erwartungen übertroffen hat, bleibt unverändert: Der naive Provinzpfarrer Elmar, der in die Großstadt versetzt wird, erlebt bereits bei seiner Ankunft auf der Domplatte einen echten Kulturschock. Er stolpert buchstäblich in einen feierwütigen Junggesellinnenabschied, der ihn auf einen nächtlichen Höllentripp durch seine sündige neue Wirkungsstätte entführt – emotionale Verwirrungen inklusive. Bis Ende April 2024 ist die mehrfach preisgekrönte Produktion an der Aachener Straße zu sehen.
TOURNEE - Guido Cantz auf Tour: „Das volle Programm“
Derzeit ist Guido Cantz wieder auf Tour. Eines ist klar: Wenn einer sich mit Fernsehen auskennt, dann er. Dieses Wissen teilt er jetzt mit seinen Fans – in seiner brandneuen Bühnen-Show „Das volle Programm – ich sehe was, was du nicht siehst“. Cantz zappt sich amüsant und urkomisch durch 70 Jahre deutsche Fernsehgeschichte – vom ersten Testbild bis zum letzten Dschungelkönig. Auf seiner Zeitreise begegnen wir TV-Ikonen mit vier Beinen (Lassie, Black Beauty, Joko und Klaas), mit zwei Beinen (von Peter Frankenfeld bis Florian Silbereisen) und sogar einem ohne Beine (Flipper).
Der blondeste Comedian des Landes setzt sich mit uns im Schlafanzug auf die 70er-Jahre-Couch, erinnert an die TV-Helden unserer Kindheit und erklärt, was Pan Tau, Daktari und die zauberhafte Jeannie mit ihm gemacht haben.
Nach knapp 25 Jahren vor der Kamera kann Guido Cantz zusätzlich behaupten: „Ich sehe was, was du nicht siehst“ und gewährt seinen Zuschauern einen hochkomischen Blick hinter die TV-Kulissen. Darum heißt es für alle, die gern lachen: Unbedingt einschalten!
Weitere Infos unter www.guidocantz.de
Buchtipp
Guido Cantz
Restaurant Cantzini – 50 Rezepte mit Humor.
152 Seiten, durchgehend farbig bebildert,
21 x 26 cm, Hardcover,
ISBN 978-3-96058-464-3
Edition Lempertz Verlag
Text: Frank Tewes
Fotos: Joachim Badura, Frank Tewes